Swiss League: Was uns die Abstimmung an der Abendkasse sagt

Die Abstimmung an der Abendkasse zeigt: 40 Qualifikationsspiele reichen vollkommen. Zweimal jeder gegen jeden daheim und auswärts. Mit 50 Matches wird die Qualifikation unnötig in die Länge gezogen, die Positionen sind bezogen. Einzelne Rang-Verschiebung sind bloss noch zufällig und heben sich oft auch wieder auf. Und sie würden auch noch erfolgen, wenn 60, 70 oder 80 Runden gespielt würden.

Das Publikum hat entschieden – eigentlich schon in den letzten Jahren vor Corona – es will ganz offensichtlich nicht noch ein fünftes Mal die Ticino Rockets, die EVZ Academy, die GCK Lions, den EHC Winterthur, den HC Thurgau, den HC Sierre, den SC Langenthal, den EHC Visp, den HC La Chaux-de-Fonds, den EHC Olten und den EHC Kloten sehen. Die Abstimmung an der Abendkasse fällt deutlich aus.

Wollen Sponsoren und Wirte leere Stadien?

2199 Zuschauer waren offiziell beim gestrigen Spiel zwischen dem EHC Visp und dem SC Langenthal anwesend, der Reporter von zweiteliga.org inklusive. Wer ins Rund schaute, staunte. Man darf davon ausgehen, dass wie verschiedenen Orts nicht anwesende Saisonkarten-Besitzer sowie Freikarten aufgrund von Sponsoring auch mitgezählt werden, da es letztlich bezahlte Plätze sind. Aber für Sponsoren und Wirte ist ein solches Desinteresse verheerend – kurz wie langfristig.

Auch wenn der Spielplan durcheinandergewirbelt wurde: Dies allein – auch kombiniert mit Corona – darf keine Ausrede sein, die reglementierte Auslastung besonders eingangs Saison wurde, ligaweit gesehen, selten angetastet. Zudem sollte jetzt der Aufschwung zu sehen sein: Immerhin konkurriert die Swiss League gegenwärtig mit wenig verhältnismässig wenig anderen Veranstaltungen. Bereits in den Jahren vor der Pandemie war durch den aufgeblähten Kalender ein Zuschauer-Abschwung zu beobachten. Die Schwierigkeit ist, einmal verlorene Besucher zurückzugewinnen.

Über ein Drittel «bedeutungslose» Spiele

Die Spiele sind Dutzendware geworden: Es sind eben für das Heimpublikum bei bis zu zehn zusätzlichen Runden nicht «nur» fünf Heimspiele mehr. Es sind oftmals auch fünf «bedeutungslose» Matches mehr … und zählte man bei rund 40-46 Runden und 20-23 Heimspielen teilweise bereits fünf bis sieben «bedeutungslose» Matches so sind es jetzt deren zehn. Sprich mehr als ein Drittel. Und wer will so viele teilweise «bedeutungslose» Partien sehen? Das zahlende Publikum an der Abendkasse ganz offenbar nicht. Und die Frage ist nun, ob die oftmals abwesenden Inhaber der Saisonabonnements nächstes Jahr noch welche kaufen oder den Abschwung weiter anheizen indem einfach noch die paar wirklich für sie interessanten Matches besucht werden.

Der Rückgang in Zahlen

Beachten wir den ligaweiten Rückgang in ein paar effektiven Zahlen, seit der EHC Winterthur, die Ticino Rockets und die EVZ Academy dabei sind (ausser den Zahlen von 2015/16 im Falle der Rockets und der Academy), also ohne Verfälschung der Zahlen durch Teams, die gegenwärtig keine Publikumsmagnete sind. Die Durchschnittswerte nach rund 40 Runden – verglichen mit dem Besucheraufkommen in der Qualifikation früherer Jahre in Klammern; im Wissen, dass in manchen Saisons zusätzliche Derbys eingeschoben wurden (erste Zahl: 2018/19, zweite Zahl 2017/18, dritte Zahl: 2015/16):

EHC Kloten 4082 (4432 – nicht in der Liga)

EHC Olten 2477 (3308 / 3491 / 3677)

EHC Visp 2415 (3050 / 2987 / 3098)

SC Langenthal 1840 (2359 / 2277 / 2245)

HC Sierre 1755 (- nicht in der Liga)

La Chaux-de-Fonds 1410 (2171 / 2067 / 2256)

HC Thurgau 812 (1390 / 1090 / 1099)

EHC Winterthur 543 (996 / 1028 / 1254)

Natürlich sind dies Momentaufnahmen, auch in früheren Saisons wurden manchmal bereits 46 oder 48 Spiele ausgetragen, oft indem zusätzliche Derbys eingeschoben wurden, welche die Zahlen etwas erhöhten.

2022/23 mit grossen Herausforderungen

Es sind Aspekte, die bei der Neuausrichtung der Liga zu berücksichtigen sind. Neue Teams sind interessant, aber bei längerem Nicht-Erfolg wandert das Publikum ab, sowie damals bei Red Ice Martigny oder dem EHC Winterthur von 1254 auf noch 543 Besucher. Die drei Clubs mit dem grössten Besucheraufkommen in der MySports-League sind der EHC Basel (gegenwärtig 1013 Besucher pro Spiel), der EHC Arosa (685 Besucher) sowie der EHC Chur (614). Vor Corona wurde die Quali 2019/20 fertig gespielt, mit 921 Fans in Basel, 911 in Chur und 765 in Arosa. Man darf davon ausgehen, dass wenn eines dieser Teams – die gegenwärtig am meisten Besucher in der Liga haben – aufsteigt, nach einer kurzen Euphorie, nach rund 10 bis 15 Runden und einigen erfolglosen Spielen die Besucherzahlen nicht ausufern werden. Gleichzeitig dürfte mit dem EHC Kloten, dem EHC Olten oder dem EHC Visp ein publikumskräftiges Team in Richtung National League entschwinden … und durch ein, zwei oder gar drei Mannschaften mit ungleich weniger Publikum ersetzt werden.

Daniel Gerber