Knall beim FC Wil: Investoren sind weg

Statt das der FC Wil mit dem FC Basel, YB und anderen um den Titel streitet, ist der Challenge League Verein zurück auf Feld eins.

Nach 18 Monaten und Investitionen von bis zu 30 Millionen Schweizer Franken sind die türkischen Investor um Mehmet Nazif Günal Knall auf Fall weg. Vor wenigen Tagen informierten sie die Vereinsführung. Schulden hat der Club zwar nicht, doch die hohen Gehälter lassen sich ohne die Gelder aus der Türkei natürlich nicht lokal decken.

Intensiv wird nun mit den Spielern nach Lösungen gesucht. Verzichten diese nicht auf erhebliche Summen (auch Clubwechsel sind möglich) wird es eng bei den St. Gallern. Die Führung erklärte bereits, dass nicht derart lange Übungen vollbracht würden, wie unlängst beim FC Biel.

Gekommen waren die Investoren um den Unternehmer Günal (dem die MNG-Gruppe gehört) mit grossen Zielen, gesprochen wurde von einem Aufstieg innerhalb von rund drei Jahren sowie mittelfristig europäischen Wettbewerben. Die türkischen Vorstandsmitglieder sind weg und Roger Bigger wieder Präsident.

Noch zum Saisonstart stellte Wil eine Mannschaft deren Marktwert bei 11,1 Millionen liegt, nach dem FC Zürich die wertvollste Mannschaft der Liga. Jetzt kämpfen die Verantwortlichen jedoch nicht mehr um einen Aufstieg innerhalb der nächsten 1,5 Jahre sondern darum, die Saison fertig zu spielen.

Die IGP-Arena des FC Wil (Bild: Wikipedia/Rocky187).

FC Wil am Scheideweg

Jetzt wird es für den FC Wil ganz eng. Die Mannschaft, die neben dem FC Zürich das zweitteuerste Kader hat (rund 11,1 Millionen Schweizer Franken (Aarau Rang 3 mit etwa 7,5 Millionen) muss nun heute Donnerstag in der vierten Runde dagegen kämpfen, für lange Zeit abgehängt zu werden.

Denn in den Mittwochsspielen der vierten Runde legten der FC Zürich sowie Xamax erneut nach, die beiden Clubs thronen mit nun zehn Punkten an der Tabellenspitze. Wenn der FC Aarau nun in der Direktbegegnung mit dem FC Wil ebenfalls gewinnt, würde das Team aus dem Kanton Aargau ebenfalls auf zehn Zähler kommen, während die St. Galler dann bereits auf zwei Top-Favoriten und den Tabellenzweiten der letzten Saison je neun Punkte Rückstand aufweisen würde – sowie nur einen Punkt aus den Heimspielen gegen zwei Topclubs.

Xamax, der Tabellenzweite der letzten Saison, zeigt sich bereits jetzt wieder in einer starken Verfassung; der FC Wil steht heute am Scheideweg – zwar blieb der FC Aarau letzte Saison ebenfalls lange am Tabellenende und gab in der Rückrunde dann mit einer langen Sieges- und Punkteserie ein deutliches Lebenszeichen; aber es reichte nur noch für Rang 4 und einen Rückstand von 15 Punkten gegenüber Aufsteiger Lausanne-Sport. Wenn der FCW also nicht bereits jetzt an seinem Punktevolumen arbeitet, fährt der Zug womöglich früh ab für den erklärten Aufstiegskandidaten.

Die IGP-Arena des FC Wil (Bild: Wikipedia/Rocky187).
Die IGP-Arena des FC Wil (Bild: Wikipedia/Rocky187).

Schicksalsduell FCW gegen FCZ

35 Runden vor Meisterschaftsende – respektive nach erst einem ausgetragenen Spiel – von einem Schicksalsduell zu schreiben ist dicke Post; aber nicht ganz abwegig. Denn wenn der FC Zürich sein Potenzial stets ausspielt, wird er über die 36 Matches gesehen, zu jenen Mannschaften gehören, die verhältnismässig wenig Punkte liegen lassen. Oft wird der FCZ meistens nur durch den Schlusspfiff zu bremsen sein.

Das dürfte auch in der Ostschweiz beim FC Wil bekannt sein. Und so steht der FCW daheim unter besonderem Zugzwang. Nach zwei Runden einem 0:6-Punkte-Rückstand in der Tabelle nachzurennen könnte ermüdend sein. Und dass ein grosser, früher Rückstand nur schwer abzutragen ist, zeigte letzte Saison der FC Aarau, wobei da das Hintertreffen über eine längere Phase eingehandelt wurde.

Dennoch wären sechs Zähler Rückstand nach zwei Runden für den FC Wil delikat. Auch dieser Club erklärte zum Ziel, mittelfristig in die Super League aufsteigen zu wollen, dazu stellt der Verein das zweitteuerste Kader der Challenge League auf den Platz, das mit Abstand teuerste Kader stellt der FC Zürich.

Wenn für den FC Wil eines der beiden Heimspiele gegen Zürich verloren geht, würde das Team bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand stehen und ein weiterer Ausrutscher könnte das Ziel die höchste Spielklasse zu erreichen für womöglich viele Runden in weite Ferne rücken lassen. Ein Sieg dagegen würde die Startpleite beim FC Schaffhausen wettmachen.

Uli Forte, Trainer des FC Zürich (Bild: Wikipedia/Ludovic Péron)
Uli Forte, Trainer des FC Zürich (Bild: Wikipedia/Ludovic Péron)

Die Achse des Guten – von FCA bis FCZ

Gleich von Beginn weg dürften sich insbesondere drei Teams um den Aufstieg in die NLA duellieren, in der vergangenen Saison waren dies nur zwei Clubs, nämlich Lausanne und der FC Wil. Durch den starken Absteiger FC Zürich sowie der nun wohl von Beginn weg bereite FC Aarau wartet ab dem ersten Spieltag ein starker Fight um die vordersten Ränge.

Rein wirtschaftlich wird dem FC Zürich der höchste Marktwert seiner Mannschaft beigemessen, er beläuft sich auf rund 14,8 Millionen. An zweiter Stelle folgt der erneut nachgerüstete FC Wil, der bei mittlerweile 11,1 Millionen Franken angelangt ist, gefolgt vom FC Aarau mit einem geschätzten Kaderwert von 7,5 Millionen Franken; die tiefsten Werte der Challenge League belegen der FC Chiasso (rund 4 Millionen) und Le Mont (mit rund 4,2 Millionen / Quelle: Transfermarkt.ch).

Mit seinem Marktwert würde der FCZ sogar in der Super League nicht zuhinterst liegen, sondern auf dem achten Rang, vor dem FC Lugano, dem FC Vaduz sowie dem FC Thun. Der FC Wil operiert ebenfalls mit dem höheren Kaderwert als Vaduz und Thun.

Was die Spannung an der Challenge-League-Tabellenspitze anbelangt, bildet sich also von Aarau bis nach Wil eine «Achse des Guten», mit – von Ost nach West gesehen – dem FC Aarau, dem FC Zürich sowie dem FC Wil.

Der Letzigrund, die Heimspielstätte des FC Zürich (Bild: Wikipedia/Nicholas B.).
Der Letzigrund, die Heimspielstätte des FC Zürich (Bild: Wikipedia/Nicholas B.).

Challenge League ist jetzt die heimliche Super League

Die Challenge League ist die heimliche Super League. Durch den Aufstieg von Servette-Genf sowie den Abstieg des FC Zürich ist die zweithöchste Spielklasse nun zur heimlichen Super League geworden.

Selten war die Challenge League so gut bestückt, wie nun in dieser Saison, mit den aufstiegswilligen Teams FC Zürich, FC Aarau und erneut dem FC Wil ist der Konkurrenzkampf sogar noch gestiegen, da in der Spielzeit 2016/17 von Beginn weg gleich drei Mannschaften hart um die Aufstiegsposition ringen dürften – in der letzten Saison duellierten sich bekanntlich während längerer Zeit nur zwei Clubs um den Spitzenrang, da der FC Aarau erst auf die Rückrunde hin in die Gänge kam.

Natürlich traten auch in früheren Saisons namhafte, traditionsreiche Clubs in der Challenge League an, doch mit – in alphabetischer Reihenfolge – Aarau, Servette, Xamax und Zürich, sowie dem wirtschaftlich starken Wil ist die Liga in dieser Saison erstmals als «Super League 2.0» zu bezeichnen; selbst zu Zeiten der 16er-Liga war die zweithöchste Klasse kaum je einmal derart mit grossen Namen gespickt.

Das Stade de Genève von Servette Genf (Bild: Sanyam Bahga/Wikipedia).
Das Stade de Genève von Servette Genf (Bild: Sanyam Bahga/Wikipedia).

FC Aarau mit bestem Schnitt, FC Wil mit den meisten Punkten

Vor vier Jahren, zur Saison 2012/13 wurde die Challenge League neu als Zehnerliga geführt. Vier Saisons sind mittlerweile ausgetragen. «Zweitliga.org» errechnete die Tabelle, seit dieser Modusänderung. Mittlerweile 15 Mannschaften spielten seither in dieser Liga. In der Gesamttabelle seit der Reduktion auf zehn Mannschaften liegt der FC Wil vor dem FC Winterthur, Lugano und Wohlen.

Den höchsten Punkteschnitt zeigt der FC Aarau (1,82), vor Servette Genf (1,77) sowie dem FC Lugano (1,69).

Rang Team Spiele Siege Remis Lost Tore Punkte Schnitt
1. Wil 142 56 36 50 240:222 204 1,43
2. Winterthur 142 57 29 56 211:191 200 1,40
3. Lugano 108 52 26 30 171:127 182 1,69
4. Wohlen 142 45 36 61 178:220 171 1,20
5. Schaffhausen 106 55 21 40 155:139 156 1,47
6. Chiasso 142 36 48 58 146:196 156 1,09
7. Biel 126 34 36 56 182:209 133 1,05
8. Aarau 70 36 20 14 120:80 128 1,82
9. Servette 72 38 14 20 100:98 128 1,77
10. Vaduz 72 31 17 24 112:86 110 1,52
11. Lausanne 80 31 16 23 108:96 109 1,36
12. Le Mont 70 17 20 33 75:106 71 1,01
13. Bellinzona 36 21 8 7 62:37 64 1,77
14. Xamax 34 15 9 10 53:42 54 1,58
15. Locarno 72 10 20 42 63:138 50 0,69

Biel wurde 2016 aus wirtschaftlichen Gründen im Laufe der Saison die Lizenz entzogen (daher nur 34 Spiele in der Saison 2015/16), Servette (2015) und Biel (2013) mussten ebenfalls aus finanziellen Gründen absteigen.

Nur 5 von 15 Clubs im Plus

In der schweizerischen Super League verfügen nur drei der zehn Teams über ein positives Torverhältnis, in der Challenge League sogar nur deren zwei! Keiner der übrigen 15 Vereine kommt zumindest auf eine ausgeglichene Bilanz, sie blicken samt und sonders auf ein negatives Verhältnis, also 75 Prozent der Clubs der beiden Top-Ligen in der Schweiz.

Besonders heftig sieht dies in der Challenge League aus. Aufstiegsaspirant Lausanne-Sport ist mit 20 Treffern im Plus und der Tabellenzweite FC Wil mit elf Toren. Die anderen Clubs sind samt und sonders im Minus, selbst der Tabellendritte Xamax mit -2, aber Schlusslicht FC Chiasso ist «nur» mit -4 im negativen Bereich. Mit ein Grund dürfte sein, dass die Teams der Ränge 3 bis 10 sich auf nur sieben Punkte verteilen, somit sehr ausgeglichen sind und es dadurch nur wenig bedarf, damit alle knappt im Minus sind.

In der Super League ist das Verhältnis ähnlich: Basel (+30), GC (+10) und YB (+8) sind mit zusammengezählt 48 Treffern im Plus, dahinter haben alle ein negatives Torverhältnis. Selbst der FC Luzern, der mit Platz vier auf einem europäischen Rang liegt (-4).

Daniel Gerber ist freier Mitarbeiter bei «zweiteliga.org» (Bild: zVg).
Daniel Gerber ist freier Mitarbeiter bei «zweiteliga.org» (Bild: zVg).

FC Wils Erhan Yilmaz ist der Effizienteste

Gemessen an seiner Einsatzzeit ist kein Spieler in der Challenge League erfolgreicher als Erhan Yilmaz. Bei seinen fünf Einsätzen in der zweithöchsten Fussball-Liga der Schweiz gelangen dem jungen Athleten nicht weniger als drei Tore. In der letzten Runde sorgte er beispielsweise beim 3:1-Ausswärtssieg beim FC Wohlen mit seinem Treffer zum Schlussstand für die Entscheidung.

Erhan Yilmaz stand aber in dieser Saison nicht insgesamt 450 Minuten auf dem Spielfeld sondern nur 201 Minute. Somit trifft er alle 67 Minuten, einen solchen Schnitt erreicht derzeit kein anderer Sportler in der Liga.

In der Wertung betreffend Anzahl Spiele ist Antonio Marchesano vom FC Biel am erfolgreichsten mit 11 Toren in 11 Spielen (1,0) gefolgt von Jocelyn Roux von Lausanne Sport mit 9 Toren in 13 Matches (0,69) und Yilmaz auf Rang 3 mit 0,6 pro Spiel, was den drittbesten Wert in der Liga darstellt.

Der 21-Jährige Fussballer spielte die letzten beiden Saisons noch in Deutschland in der vierthöchsten Klasse, beim TSV Havelse. Sein neuer Arbeitgeber, der FC Wil, scheint immer besser auf Touren zu kommen, das Team liegt jetzt noch vier Punkte hinter Leader Lausanne und ist damit der erste Verfolger der Romands.

Die IGP-Arena des FC Wil (Bild: Wikipedia/Rocky187).
Die IGP-Arena des FC Wil (Bild: Wikipedia/Rocky187).

Kevin Cooper soll FC Wil in Super League führen

Das Geheimnis ist gelüftet: Kevin Cooper übernimmt per sofort die Geschichte des FC Wil. Bisher trainierte der 40-Jährige Engländer Servette Genf. Als Spieler war er einst unter anderem für Derby County, Norwich City, Cardiff City und etliche andere englische Vereine aktiv.

Mit ihm von Genf in die Ostschweiz wechseln sein Co-Trainer Mario Cantaluppi und Assistens- und Konditionstrainer Gordon Dunlop. Cantaluppi ist bestens bekannt durch seine 4 Tore in 24 Spielen für die Schweizer Nationalmannschaft sowie seine langjährige Zugehörigkeit zum FC Basel, GC, Luzern wie auf dem 1. FC Nürnberg. Viel Know-how zieht also zum FC Wil.

Vor zwei Wochen hatten sich die St. Galler von Coach Fuat Capa und seinem Trainerstab getrennt. Trotz der Wirren rund um Servette Genf führte Gordon Cooper das Team letzte Saison auf den zweiten Rang hinter Aufsteiger Lugano. Trotz dem Zwangsabstieg blieb Cooper vorerst in der Promotion League beim Team, das ihn nun für den Platz an der Seitenlinie beim FC Wil freigegeben hat. Cooper unterschrieb einen Vertrag bis zum Ende der Saison 2017.

Kevin Cooper trainiert neu den FC Wil (Bild: FC Wil).
Kevin Cooper trainiert neu den FC Wil (Bild: FC Wil).

VerWILen ist das neue veryoungboysen

Der FC Wil ist innerhalb von drei Runden zweimal absoluter Meister im Chancen verpassen und erinnert damit an die BSC Young Boys, die in den letzten Jahren in der Meisterschaft und zuletzt auch im Europa-Cup gute Ausgangslagen nicht nutzen konnten, wodurch der Fachbegriff «veryoungboysen» geboren war.

Lausanne Sport bliebt Leader in der Challenge League (Bild: Wikipedia/Fanny Schertzer).
Lausanne Sport bliebt Leader in der Challenge League (Bild: Wikipedia/Fanny Schertzer).

In der jüngsten Runde in der zweiten Liga der Schweiz hatte der FC Wil im Spitzenkampf die Gelegenheit bis auf einen Punkt an Leader Lausanne Sport heranzukommen. Und tatsächlich führten die Ostschweizer bis 20 Minuten vor Schluss mit 3:0-Toren. Doch aus dem Nichts heraus liess sich das Team die drei Punkte innerhalb einer Viertelstunde – bis zur 85. Minute – noch rauben.

 

Bereits in der sechsten Runde war Wil auswärts bei Le Mont einem Punkt nahe, der durch ein Eigentor in der 90. Minute flöten ging. Ohne den Verlust dieses Zählers und der beiden gegen Lausanne hätte Wil gleich viele Punkte wie Lausanne, das auf 15 Punkten sitzen geblieben wäre. So aber übt sich Wil im verWILen auf Rang 4.

 

Die Tabelle in der NLB ist überdies nach acht Runden ausgesprochen eng, die zehn Clubs verteilen sich auf eine Differenz von nur neun Punkten, die zwischen Leader Lausanne Sport und dem Schlusslicht FC Aarau liegen.